Chemo – Zwischen Schmerz und Hoffnung
Seit einigen Monaten lebe ich mit einem neuen Begleiter: Docetaxel, einem Chemotherapeutikum, das tief in meinen Körper und in meine Seele greift. Drei Zyklen habe ich nun hinter mir – drei Mal Aufbäumen, Hoffen, Kämpfen. sechs Durchgänge sollen es werden.
Eigentlich wollte ich nie eine Chemotherapie machen, ich hoffte, dass ich mir das ersparen kann. Doch leider ist das Mittel, das mir helfen könnte „Actinium 225“ – eine radioaktive Substanz, die man als Infusion bekommt, in Österreich nicht verfügbar. Privat (!!!) wäre sie verfügbar, in Wien. Schon irgendwie komisch. Eine Infusion würde aber um die 20000 Euro (!) Kosten. Zirka vier würde ich brauchen. Das Geld habe ich nicht. In Deutschland wird diese Art der Therapie schon seit Jahren erfolgreich praktiziert und auch teilweise von den Kassen bezahlt.. Doch bei uns in Österreich gibt es angeblich einen Actinium-Mangel.
Somit startete ich auf „Empfehlung“ mit einer Chemotherapie mit Docetaxel, als sogenannte Bridge-
Therapie – also quasi, bis Actinium verfügbar ist. *Hope*
Bevor die erste Infusion starten konnte, wurde mir ein Portkatheter implantiert – ein kleiner Zugang direkt unter der Haut, damit die Medikamente besser verabreicht werden können. Für viele klingt das nach einem technischen Detail. Für mich ist es ein Symbol geworden – dafür, dass ich bereit bin, mich dieser Herausforderung zu stellen.
Die Porthkatheter OP dauert in etwa 30 Minuten und findet in einer Art Dämmerschlaf statt. Leider habe ich schon schlechte Venen, daher war es etwas aufwendiger bis man endlich für die Anästhesie einen Zugang fand.
Der Portkatheter ist eine Art „Dose“ mit einer Membran, die jedes Mal mit einer speziellen Nadel angestochen wird. Somit kann einerseits ohne Probleme über einen Schlauch Blut abgelassen werden z.B. für die immer wiederkehrenden Blutbilder, aber auch die Chemotherapeutika können hier ohne viel Aufwand in den Körper geleitet werden.
Die ersten Tage nach der Chemo

Die Kopfschmerzen aber sind sehr anstrengend, und sind kaum wegzubringen. Die Mundschleimhaut kann man mit einer sogenannten „Stomatitis-Gurgellösung“ recht gut in den Griff bekommen. (Rezept erhält man vom Krankenhaus oder vom Hausarzt).
Die Knochenschmerzen, sind nicht einfach wegzukriegen – am besten hilft gehen, raus in die Natur – Bewegung.
Es ist halt so als hätte man alle 3 Wochen eine starke Grippe.
Die Hautprobleme versuche ich mit einer Mischung aus Cortisonsalbe, Ringelblumensalbe, CDL-Tinktur, Ureasalbe und für stark betroffene Stellen mit Honig-Rescuesalbe in den Griff zu bekommen.

Recht bald nach der ersten Chemo merkte ich, dass Haar verliere. Ich wartete ein wenig zu, es wurde immer ärger, und dann entschied ich mich für eine Glatze – ich wollte ja schon immer eine haben 🙂
Die ersten zwei Tage nach jeder Chemo-Infusion sind wie Watte im Kopf: Müdigkeit, Abgeschlagenheit, der Körper ist schwer wie Blei. Aber dann, ab Tag drei, kommt der wahre Sturm:
Kopfschmerzen, „Chemobrain“, Konzentrationsprobleme, Knochenschmerzen wie bei einer starken Grippe, eine schmerzhafte Entzündung der Mundschleimhaut. Und seit der zweiten Chemo auch das sogenannte Hand-Fuß-Syndrom:
Rötungen, brennende Schmerzen an den Handflächen und Fersen, die Haut schält sich. Jeder Schritt, jeder Griff tut weh.
Zwischen Einsamkeit und innerer Kraft
Diese Zeit ist eine Gratwanderung. Zwischen Hoffnung und Erschöpfung, zwischen Traurigkeit und Mut.
Ich lebe alleine, bin Single – das bedeutet: Ich muss alles alleine schaffen. Medikamente besorgen, kochen, putzen, Termine einhalten, stark sein – auch wenn es innen brennt.
Und manchmal… ja, manchmal breche ich auch einfach zusammen und weine.
Nicht, weil ich schwach bin. Sondern weil ich Mensch bin.
Was mir hilft
Trotzdem gibt es Lichtblicke. Sooky, meine treue Hündin, weicht mir nicht von der Seite. Sie spürt, wenn ich Kraft brauche – und manchmal reicht ein Blick in ihre treuen Augen, um wieder aufzustehen.
Ich gehe raus, so oft ich kann. In die Natur. An den Fluss. Zum Feuer. Ich träume von Italien, vom Tagliamento, vom Cavazzosee. Ich mache Pläne – auch wenn sie klein sind. Ein paar Tage im Dachzelt. Ein Sonnenaufgang in den Bergen. Eine gute Pizza am Meer.
Diese Pläne halten mich lebendig.
Mein Fazit: Chemo ist mehr als nur Medizin
Die Chemotherapie ist nicht nur ein medizinischer Vorgang. Sie ist ein tiefgreifender Prozess, körperlich und seelisch.
Die ersten 10 Tage nach jeder Chemo sind hart. Danach kommt langsam wieder Energie zurück. Bis zur nächsten Runde.
Ich teile das hier nicht, um Mitleid zu bekommen – sondern um zu zeigen:
Es ist okay, zu kämpfen. Es ist okay, zu weinen. Und es ist okay, trotzdem weiterzugehen.
Denn ich bin Grizzly.
Und Grizzlys geben nicht auf.
